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Skitouren in Graubünden

01. – 05.04.2024

17.04.2024

Für unsere diesjährige traditionsreiche Westalpen-Skitourenwoche wäre eigentlich das Wallis geplant gewesen. Der Wetterbericht und die damit einhergehende prognostizierte Lawinenlage ließ uns aber die Tour schweren Herzens kurzfristig absagen. Dank unserer frischgebackenen Tourenleiterin Regina Grill, die kurzerhand eine Umplanung aus dem Ärmel schüttelte, fuhren wir stattdessen nach Graubünden, wo sich der Neuschneefall noch in Grenzen hielt. Der Plan war die Bündner Haute Route von Nord nach Süd, also von Davos nach St. Moritz zu gehen. Und um noch eins draufzusetzen, als Abschluss die zwei höchsten Berge der Bernina, Piz Palü und Piz Bernina.

Also fuhren wir nach Davos und von dort 5 km ins Dischmatal. Ab hier gings mit Schi los, bis sich nach einem 10 km langen Ewigkeitshatsch, bei zum Schluss null Sicht, die Grialetschhütte vor uns auftat. Ohne die gesetzten Orientierungsstangen und GPS hätten wir die Hütte wahrscheinlich nie gefunden.

Am nächsten Morgen zeigte sich Graubünden von seiner schönsten Seite und wir stiegen im Sonnenschein Piz Grialetsch entgegen. In der Fuorcla Vallorgia angekommen realisierten wir ziemlich schnell, daß uns der Berg durch riesige Wechten am Gipfelgrat den Zugang verwehrte. Ohne viel Kommentar querten wir einfach weiter und stiegen die schöne Skiflanke zwischen Grialetsch und Scalettahorn auf, wo uns eine sagenhafte Pulverschneeabfahrt für das verpasste Gipfelerlebnis entschädigte. Der anschließende lange Aufstieg zur Keschhütte wollte, wie am Tag zuvor, einfach nicht enden und alle waren froh als wir endlich unsere müden Füße unter dem Abendbrottisch ausstrecken konnten.

Dankenswerterweise erklärten sich Tobi und Veronika bereit über das Kühalptal nach Davos abzufahren und die Autos ins Engadin umzusetzen.

Die Besteigung des Piz Kesch stellte sich wegen der extrem eingeschränkten Sicht als mindestens so anspruchsvoll heraus wie am Tag zuvor schon die des Piz Grialetsch. Nur die mutigsten und stärksten unter uns trauten sich das zu. Der Rest irrte im Nebel Richtung Porta d’Es-cha, einem Einschnitt im Grat zwischen Piz Kesch und Piz Val Mürra. Dieser Übergang ist die einzige Verbindung zwischen der Keschhütte und unserem Ziel, von der Es-cha Hütte vorbei, hinunter nach Madulain im Engadin. Von dort wollten wir nach St. Moritz fahren. Der steile Abstieg von der Porta d‘Es-cha ist mit Ketten gesichert, die im Winter jedoch nur selten benutzbar sind. Da wir die Seile im Auto gelassen haben, erschien uns dieser Abstieg als technisch zu riskant. Jetzt musste ein Plan B her. Der war dann die Abfahrt zurück zur Keschhütte über die Fuorcla da Funtauna nach Bergün und zu hoffen daß wir von dort nach St. Moritz kommen.

Irgendwie fügte sich dann aber alles zusammen. Dem Gipfelteam auf dem Piz Kesch wurde per walkie talkie die Planänderung mittgeteilt, das vorausgeeilte Fahrerteam wurde per Handy nach Bergün umdirigiert und wir bereiteten uns während der Abfahrt schon mal geistig auf einen endlosen Talhatscher vor.

Nach einer Dusche und einem reichlichen Frühstück in der Jugendherberge in St. Moritz setzten wir dann auf die Diavolezza um. Vor dort wollten wir mindestens auf den Ostgipfel des Piz Palü. Eine Überschreitung wurde zwar nur mit vorgehaltener Hand diskutiert. Letztendlich ließen sich das aber die allermeisten nicht nehmen und fuhren sogar die legendäre 40 Grad Abfahrt über 2000 Höhenmeter von der Bellavista Terrasse in den Gletschertrichter der Foura zur Bovalhütte ab. 

Die Besteigung des Piz Bernina am nächsten Tag über den spaltigen Morteratschgletscher war dann “nur” noch die Kür die besonders die Augen unserer jungen Gipfelaspiranten vor Freude leuchten ließen.

Diese Tour, die eigentlich aus der Not heraus entstand, war wieder einmal das Highlight dieser Skitourensaison. Die Verbindung der traumhaft einsamen und abwechslungsreichen Skidurchquerung auf der Bündner Haute Route und dem Finale im “Festsaal der Alpen” war wahrlich ein würdiger Ersatz für die ausgefallene Durchquerung im Wallis.

Albert Amberger