Oben angekommen, wurden unsere Erwartungen an den Kurs und der geplante Ablauf besprochen. Gleich im Anschluss suchten wir uns ein geeignetes Übungsgelände im Eis für die ersten Steigeisen- und Pickeltechniken. Auch die wichtigsten Knoten und die richtigen Seilabstände in einer Seilschaft zur Begehung eines Gletschers wurden gelernt. Gegen 16.00 Uhr erreichten wir bei herrlichem Sonnenschein die Breslauer Hütte. Nach einer kleinen Stärkung und Beziehung unseres Lagers gab es auch bald ein sehr leckeres Abendessen. Da das Wetter für den kommenden Tag optimale Bedingungen zur Besteigung der Ötztaler Wildspitze anzeigte, wurde kurzerhand beschlossen, nach dem Abendessen die Spaltenbergung in der Praxis zu üben. Dafür eignete sich ein kleiner Abhang in der Nähe der Hütte. Um für den nächsten Tag fit zu sein gingen wir früh ins Bett, schließlich sollte um kurz vor 5 Uhr morgens der Wecker klingeln. Nach einem kurzen Frühstück starteten wir um 6 Uhr teils aufgeregt und voller Vorfreude unsere Tour. Für die meisten doch die erste dieser Art und wohl auch das höchste bisherige Gipfelziel. Die erste Etappe für diesen Tag führte über einen einfachen Wanderweg und zwei kleinere Schneefelder bis kurz vor das Mitterkarjoch. Noch vor dem Klettersteig legten wir die Steigeisen an, da ein mäßig steiles Blankeisfeld überwunden werden musste. Der kurze Aufstieg über den Klettersteig bereitete den Kursteilnehmern keine Schwierigkeiten, auch wenn die Begehung mit Steigeisen eine völlig neue Erfahrung darstellte. Am Ende eröffnete sich ein gigantischer erster Blick auf den Gletscher. In zwei Dreierseilschaften überquerten wir über ein paar wenige Spalten den Gletscher bis zum letzten Gipfelanstieg über Blockgelände im 1. Grad. Man merkte deutlich wie die Luft immer dünner wurde. Gegen kurz vor 10 Uhr erreichten alle überglücklich den Gipfel der Wildspitze, den zweithöchsten Berg Österreichs, auf 3768m. Hier wurden wir nach dem anstrengenden Aufstieg mit einer atemberaubenden Fernsicht bis in die Dolomiten belohnt. Kurz darauf und gestärkt durch eine wohlverdiente Brotzeit, stiegen wir über den gleichen Weg wieder ab. Der Tag sollte aber mit der Tour noch nicht beendet sein, schließlich hatten wir ja „drei Tage Intensivkurs“ gebucht. Jupp zeigte uns noch das Bauen eines Fixpunktes durch einen T – Anker mit dem Eispickel und wir konnten uns von dem Halt des sogenannten „Toten Mannes“ selbst überzeugen, in dem wir uns zu fünft an das dort fixierte Seil hingen. Dieser dient im Übrigen beim Bergsteigen als kurzfristige Sicherung z.B. bei der Notfallbergung. Zurück an der Hütte beschlossen wir einstimmig, das Erlebnis und den Tag mit einem gemütlichen Hüttenspieleabend ausklingen zu lassen. Der nächste Morgen begann wieder recht früh um 5 Uhr morgens, nachdem der Wetterbericht ab dem späten Vormittag Gewitter meldete und noch ein wichtiger Ausbildungspunkt, nämlich die Selbstrettung aus einer Gletscherspalte, fehlte. Nur fünf Minuten von der Hütte entfernt, bot sich ein super Übungsplatz, ein Felsen mit Überhang, für diesen letzten Abschnitt an. Auch hier wurden wir noch einmal gefordert. Zuerst übten wir zum einen das Hochprusiken am Seil bis zum Spaltenrand mit Hilfe zweier Reepschnüre und zum anderen das Legen einer Gardaklemme als Rücklaufsperre bei der Überwindung des Spaltenrandes. Zu guter Letzt sollten diese beiden Übungen in Kombination durchgeführt werden mit dem Ziel, den Spaltenrand, hier dargestellt als Überhang, zu überwinden. Hier waren wir uns alle einig, dass wir nie in so eine Situation gelangen wollen und falls es doch passieren sollte, ein Mannschaftszug hoffentlich ausreicht, um aus der Spalte gerettet zu werden. Langsam verschlechterte sich wie angekündigt das Wetter und damit beendeten wir unsere drei Intensivtage mit einem abschließenden gemeinsamen Mittagessen in Vent. Vielen herzlichen Dank Jupp für deine Organisation des Kurses, deine Geduld und für die wahnsinnig lehrreichen drei Tage im Ötztal.
Anna Obermeier